Der Welthandel – eine treibende Kraft der Globalisierung

Globalisierung und Europa

Gymnasien, Realschule, Hauptschule | Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
11.05.2011
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Die Welt wächst zusammen – und der globale Austausch von Waren und Dienstleistungen trägt maßgeblich dazu bei.

Der Begriff der Globalisierung steht für das immer stärkere Zusammenwachsen von Ländern, sei es politisch, sei es durch mehr Reisen und Auslandskontakte, durch das Internet oder eben durch die zunehmenden grenzüberschreitenden Ströme von Gütern, Kapital, Informationen und Know-how.

In wirtschaftlicher Hinsicht hat sich die Globalisierung etwa seit Ende der 1980er Jahre vor allem durch den verstärkten Kapitalaustausch beschleunigt. So sind zum Beispiel die Direktinvestitionen – das sind Investitionen im Ausland, die unternehmerischen Zielen und nicht nur der Geldanlage dienen – im vergangenen Vierteljahrhundert Jahr für Jahr mehr als doppelt so stark gewachsen wie das nominale Welt-Bruttoinlandsprodukt (BIP). Aber auch die nominalen Weltexporte haben von 1985 bis 2008 jährlich um fast 10 Prozent zugelegt.

Zwar hat die Finanzkrise des Jahres 2009 die Globalisierung vorübergehend ausgebremst – gerade bei den Kapitaltransaktionen gab es einen massiven Einbruch. Und auch die weltweiten Exporte verzeichneten mit rund 23 Prozent den stärksten nominalen Rückgang seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Den Einfluss der damals stark gefallenen Rohstoff- und Energiepreise herausgerechnet, blieb immer noch ein reales Minus von mehr als 11 Prozent übrig. Im Jahr 2010 ging es allerdings weltwirtschaftlich dann schon wieder aufwärts, und zwar schneller als selbst viele Experten gedacht hatten. So stiegen die globalen Warenexporte um mehr als 14 Prozent – auf nunmehr 15,2 Billionen Dollar – und machten einen ordentlichen Teil des vorherigen Einbruchs wett. Die Globalisierung und auch der Welthandel als ein wesentlicher Bestandteil bleiben also weiterhin längerfristig „auf Kurs“.

Ökonomische Ursachen des zunehmenden Welthandels

Der grenzüberschreitende Waren- und Kapitalaustausch erlaubt es den einzelnen Ländern, sich auf die Produktion derjenigen Waren zu spezialisieren, die sie günstiger herstellen können als andere. Tropenfrüchte etwa wachsen billiger in den Tropen als in geheizten Treibhäusern hierzulande.

Doch auch arbeitsintensive Waren stellen die Entwicklungsländer weitaus billiger her, zum Beispiel Kleidung, Schuhe, Spielzeug, Möbel und andere standardisierte Produkte. Hauptgrund für die günstigeren Produktionsmöglichkeiten der Entwicklungsländer sind die niedrigen Löhne, zu denen Millionen von Menschen etwa in China oder Indien bereit sind zu arbeiten – weil dies für sie oftmals der einzige Ausweg aus bitterer Armut ist. Kostengünstig ist die Produktion in vielen Entwicklungsländern auch aufgrund der dort geltenden niedrigen Sozial- und Umweltstandards.

Die Industrieländer spezialisieren sich dagegen auf innovative oder qualitativ hochwertige Güter, zu deren Produktion viel Kapital, Wissen und Technologie nötig ist – denn diese Produktionsfaktoren sind hier relativ reichlich vorhanden, in den Entwicklungsländern dagegen knapp.

Diese vertiefte internationale Arbeitsteilung bringt zumindest den Industrieländern Vorteile. Deutschland etwa importiert bestimmte Waren, weil sie hierzulande nicht verfügbar sind oder die ausländischen Erzeugnisse günstiger sind als die heimischen. Auch für die Entwicklungsländer ist der zunehmende Welthandel eine Chance. Eine abschließende Bilanz lässt sich allerdings noch nicht ziehen – denn viele von ihnen bezahlen den wirtschaftlichen Aufschwung unter anderem mit einer zerstörten Natur.

Deutschland zumindest hat vom globalen Warenaustausch profitiert, wie ein Blick auf die Kaufkraftentwicklung in den vergangenen zwei Jahrzehnten zeigt. Die Bundesbürger müssen heute in vielen Fällen weniger Arbeitszeit aufwenden, um sich ein bestimmtes Produkt leisten zu können. Denn gerade die vornehmlich aus Billiglohnländern importierten Güter sind seit Beginn der 1990er Jahre preiswerter geworden – oder ihre Preise sind zumindest deutlich langsamer gestiegen als die hiesigen Löhne.

Technologische Ursachen des zunehmenden Welthandels

Die Technik macht’s möglich – sinkende Transport- und Kommunikationskosten haben die Länder in den vergangenen Jahrzehnten einander näher gebracht. Im Flugverkehr etwa dürften die Kosten durch immer größere Maschinen seit 1930 um weit mehr als 80 Prozent zurückgegangen sein. Im Schiffsverkehr hat die Container-„Revolution“ dafür gesorgt, dass die massiven Energiepreisschübe kaum auf die Transportkosten durchschlugen.

Computer, Satellit, Internet, Handy und Smartphone haben darüber hinaus die Kommunikation revolutioniert und die Welt in das vielbeschworene globale Dorf verwandelt. Im Zuge dessen sind auch die Informations- und Kommunikationskosten drastisch gesunken. Ein dreiminütiges Telefongespräch von New York nach London etwa kostet heute nur noch wenige Euro-Cents, während im Jahr 1930 noch 250 Dollar und selbst 1990 noch 3,32 Dollar gezahlt werden mussten.

Politische Ursachen des zunehmenden Welthandels

Die Politik hat der internationalen Arbeitsteilung bewusst den Weg bereitet, indem sie den Handel von gesetzlichen Restriktionen befreit hat. Dies geschah in früheren Jahren vor allem im Rahmen der multilateralen Verhandlungen des vormaligen GATT (General Agreement on Tariffs and Trade – Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen). In acht Runden wurden von 1947 bis 1993 die Zölle auf Industriewaren um mehr als 80 Prozent gesenkt.

Im Jahr 1995 erfolgte dann die Gründung der Welthandelsorganisation WTO, unter deren Dach seit 2001 die neunte Welthandelsrunde, die sogenannte Doha-Runde läuft. Die Ergebnisse sind allerdings bislang enttäuschend und eine Einigung schwierig – nicht zuletzt, weil die Runde den großen Wurf versucht, die Entwicklungs- und Schwellenländer besser in den Welthandel einzugliedern. Zu der damit verbundenen Themenvielfalt kommt hinzu, dass inzwischen 153 Staaten am Verhandlungstisch in Genf sitzen, von denen jeder ein Vetorecht hat.

Aus deutscher Sicht besonders bedeutend waren außerdem die Fortschritte in der Wirtschaftsintegration Europas – zunächst der Europäische Binnenmarkt, dann die verschiedenen Erweiterungen der Europäischen Gemeinschaft und die Europäische Währungsunion. Außerhalb der EU haben politische Faktoren eine wesentliche Rolle dabei gespielt, dass sich China, Indien und die ehemaligen Ostblockstaaten für die Globalisierung geöffnet haben.