Bargeld in der Diskussion

Haushalt und Geld

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
24.05.2016

Die Europäische Zentralbank hat die Abschaffung des 500-Euro-Scheins beschlossen, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank findet Bargeld sogar generell überflüssig. Welche Überlegungen stecken dahinter?

Wer an der Supermarktkasse einen 500-Euro-Schein zückt, kann sich einer gewissen Aufmerksamkeit sicher sein – denn viele Menschen haben die größte Euro-Banknote selten  oder noch nie live gesehen. Die meisten tragen im Alltag nicht so viel Bargeld mit sich: Im Jahr 2014 hatten nur sechs Prozent der Bundesbürger regelmäßig 300 Euro oder mehr in der Tasche. Große Anschaffungen werden vornehmlich elektronisch bezahlt.

Für das Gros der Bundesbürger ist es demnach eigentlich egal, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Mai 2016 beschlossen hat, den 500-Euro-Schein Schritt für Schritt aus dem Verkehr zu ziehen. Ab Ende 2018 soll die Banknote nicht mehr ausgegeben werden. Damit werde, so die Begründung, „Bedenken Rechnung getragen, dass diese Banknote illegalen Aktivitäten Vorschub leisten könnte.“ Auf gut Deutsch: Die Scheine werden häufig von Kriminellen benutzt, etwa zur Steuerhinterziehung mit dem berühmt-berüchtigten Koffer voller Scheine oder zur Geldwäsche.

Abschaffung des Bargelds?

Der Anfang vom Ende für das Bargeld? Nein, sagt EZB-Präsident Mario Draghi, „Das hat nichts mit einer Verringerung von Bargeld zu tun“, versicherte der Italiener bereits im Vorfeld der Entscheidung im Europaparlament. Die 500er werden nach und nach durch neue 100er- und 200er-Scheine ersetzt, wertmäßig bliebe die Bargeldmenge also gleich. Dass es aber keine Pläne gibt, auch andere große Scheine oder gar das ganze Bargeld aus dem Verkehr zu ziehen, wollen Draghis Kritiker nicht glauben – zumal sich die Stimmen mehren, die genau das fordern.

Neben dem Wirtschaftsweisen Peter Bofinger hat sich in Deutschland einer der beiden Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, John Cryan, dezidiert für eine Welt ohne Bargeld ausgesprochen. In zehn Jahren werde es das wahrscheinlich nicht mehr geben. „Es ist einfach schrecklich ineffizient“, sagte der Manager. Während einige Banken gern die Kosten loswürden, die ihnen zum Beispiel durch Transport, Lagerung und Bewachung von Bargeld entstehen, führen andere Bargeld-Kritiker eher übergeordnete gesellschaftliche und ökonomische Gründe ins Feld – den Kampf gegen das Verbrechen und die Stimulierung der Konjunktur.

Bargeld nutzt Kriminellen

Um keine Spuren zu hinterlassen, werden illegale Geschäfte häufig bar abgewickelt. In der Drogenszene ist der Bargeldanteil besonders hoch, ebenso im Waffen- und Menschenhandel. Die Gewinne daraus fließen in die Geldwäsche. An der globalen Wirtschaftsleistung hatte das gewaschene Geld in den Jahren 1996 bis 2009 einen Anteil von zwei bis fünf Prozent, schätzt der Internationale Währungsfonds – und Deutschland gilt in Rankings regelmäßig als beliebtes Land für Geldwäscher. Um den Rückfluss von illegalem Geld in die Wirtschaft zu bremsen, hat die Bundesregierung 2017 eine Obergrenze für Bar-Transaktionen von 10.000 Euro eingeführt. Zahlungen darüber sind nur mit der Vorlage eines Ausweises möglich. Beträge von 10.000 Euro und mehr sind außerdem seit langem bei der Ein- und Ausreise beim Zoll anzumelden.

Bargeld kann die Belebung der Konjunktur verhindern

Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 haben die Zentralbanken weltweit die Leitzinsen gesenkt, um die Wirtschaft zu stützen. Im Euroraum liegt der wichtigste Leitzins bei 0 Prozent. Einige Ökonomen plädieren dafür, dass der Zins noch weiter – also in den negativen Bereich – sinken sollte. Wer Geld auf dem Konto hat, müsste dann Zinsen zahlen, erlitte also einen Wertverlust. Die Befürworter des Negativzinses glauben, dass Menschen dann nicht mehr so viel sparen würden, sondern ihr Geld lieber ausgeben und so die Wirtschaft ankurbeln. Mit dem Wirtschaftsaufschwung käme Europa dauerhaft aus der Krise, so das Kalkül. Doch die Idee hat einen Haken: Bargeld ist zinslos. Solange es also Bargeld gibt, können die Bürgerinnen und Bürger sich ihre Bankguthaben einfach Schein für Schein auszahlen lassen und woanders aufbewahren, und sei es unter der sprichwörtlichen Matratze. Davon hätte die Wirtschaft dann gar nichts.


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