Sonderfall Berlin

Staat und Wirtschaftspolitik

Gymnasien, Realschule, Hauptschule | Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
01.04.2015

Bundeshauptstadt, Millionen-Metropole, Touristenmagnet –und doch Deutschlands wirtschaftlich schwächste Großstadt. Warum das so ist – und warum es langsam aufwärts geht.

In den ersten Jahren nach der Wende unterschied sich die wirtschaftliche Entwicklung in Berlin kaum von der in den ostdeutschen Flächenländern. Weil Ost-Berlin den Status als DDR-Hauptstadt verlor und West-Berlin auf seine Sonderförderung verzichten musste, kam es zu einem kräftigen Beschäftigungsabbau. Um das Jahr 2000 herum begann sich das Blatt jedoch zu wenden: Die Hauptstadt zählte 2013 im Schnitt 1,24 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte – ein Fünftel mehr als acht Jahre zuvor und ein stärkerer Zuwachs als in allen anderen Bundesländern. Trotzdem hatte Berlin auch Anfang 2015 noch eine Arbeitslosenquote von rund elf Prozent – und damit eine der höchsten in ganz Deutschland. Auf ähnlichem Niveau bewegen sich nur Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Das Berliner Bruttoinlandsprodukt je Einwohner lag 2013 mit 30.642 Euro immer noch acht Prozent unter dem Bundesdurchschnitt. Es fehlt schlicht und einfach an Großunternehmen: In Berlin hat kein einziger DAX-Konzern seine Zentrale. Von den 50 MDAX-Unternehmen – den Aktiengesellschaften der zweiten Reihe – sind gerade zwei in der Hauptstadt ansässig. Dafür hat Berlin sich zuletzt zum Zentrum der deutschen High-Tech-Gründungsszene gemausert und zieht etwa die Hälfte aller deutschen Wagniskapital-Investitionen in der Informations-, Kommunikations- und Internetwirtschaft an. Die digitale Wirtschaft stellte in Berlin 2012 zwar gut 37.500 Arbeitsplätze – das sind 2,8 Prozent aller Jobs in der Hauptstadt. Das ist zwar immer noch weniger als in Deutschlands anderen Hochburgen der Digital-Wirtschaft wie München und Frankfurt, doch Berlin holt auf kräftig auf: Die Beschäftigung im IT- und Internet-Bereich hat nirgends so stark zugelegt wie in Berlin, dort ist sie seit 2008 um fast 50 Prozent gestiegen. Allein 2012 verzeichnete die Stadt 469 Neugründungen in der Digital-Sparte. Langfristig könnten sich aus solchen Hochtechnologie-Gründungen hochproduktive Unternehmen entwickeln, die der ganzen Region zu einer höheren Wirtschaftsleistung verhelfen und auch Brandenburg und die übrige ostdeutsche Wirtschaft mitziehen.


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