Inflation

Haushalt und Geld

Gymnasien, Realschule, Hauptschule | Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
23.11.2012
408Downloads

Der Verbraucherpreisindex ist das bekannteste Inflationsmaß in Deutschland – doch von Inflation kann schon seit Jahren kaum mehr die Rede sein.

Wir schreiben das Jahr 1921: Wer sich damals in Deutschland eine Tageszeitung kaufte, musste dafür 30 Pfennige auf den Tisch legen – kurze Zeit später, im November 1922, kostete die gleiche Zeitung 70 Millionen Mark. Und auch für alle anderen Waren schossen die Preise ins Unermessliche. So kostete zum Beispiel ein Brötchen 50 Millionen Mark. Der Grund für diese Hyperinflation waren übrigens die Staatsschulden, die der Erste Weltkrieg hinterließ: Um sie zu finanzieren, warf die Reichsregierung der Weimarer Republik einfach ihre Geldpressen an und druckte schiere Unmengen an Geld. Und wie immer, wenn Angebot und Nachfrage nicht zueinander passen, regelte sich das Ganze über den Preis – in diesem Falle über eine „galoppierende“ Inflation.

Heute geht es dagegen ungleich gemäßigter zu. Der Verbraucherpreisindex – dessen frühere offizielle Bezeichnung „Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte“ lautete – weist schon seit mehr als zehn Jahren lediglich einen jährlichen Anstieg der Verbraucherpreise zwischen rund 0,5 und 2 Prozent aus. Selbst im Krisenjahr 2009 und auch 2010 gab es in Deutschland keine Inflation, denn die Preise legten im Durchschnitt nur um 0,4 bzw. 1,1 Prozent zu – von Inflation wird aber im Grunde nur dann geredet, wenn der jährliche Verlust an Kaufkraft mindestens 2 Prozent beträgt.

Verschiedene Preise – verschiedene Inflationsraten

Eine Inflationsrate zeigt, wie sich das Preisniveau in einer Volkswirtschaft gegenüber dem Vorjahr prozentual verändert hat. Allerdings gibt es verschiedene Inflationsraten: Der bereits erwähnte Verbraucherpreisindex zum Beispiel gibt die Preisentwicklung für eine repräsentative Auswahl von Waren und Dienstleistungen an. Und weil sich dieser sogenannte Warenkorb für den „durchschnittlichen privaten Haushalt“ im Laufe der Zeit verändert, legt ihn das Statistische Bundesamt in Wiesbaden alle paar Jahre neu fest. Derzeit gilt ein im Februar 2013 aktualisierter Warenkorb. Er besteht aus zwölf Kategorien, die unterschiedlich stark gewichtet sind und sich in zahlreiche Unterkategorien gliedern. Den gesamten Warenkorb kann man sich hier anschauen.

Andere Inflationsraten konzentrieren sich auf bestimmte Gütergruppen oder Wirtschaftszweige – es gibt zum Beispiel Indizes für Großhandelsverkaufspreise, Produzentenpreise oder Ausfuhrpreise. Für die Wirtschaft spielen vor allem die Erzeugerpreise eine Rolle. Sie geben an, wie sich die Absatzpreise der Firmen entwickelt haben.

Die unterschiedlichen Inflationsraten führen manchmal auch zu einer recht unterschiedlichen Sicht der Dinge. Wenn zum Beispiel die Gewerkschaften bei ihren Lohnforderungen eine größere Teuerungskomponente zugrunde legen als es aus Unternehmersicht gerechtfertigt ist, dann kann das auch daran liegen, dass die Verbraucherpreise stärker gestiegen sind als die Erzeugerpreise.

Doch noch aus anderen Gründen sind Inflationsraten mit Vorsicht zu genießen. Kritiker bemängeln immer wieder, dass die gängigen Preisindizes neue Güter und vor allem Qualitätsveränderungen im Warenkorb nicht ausreichend erfassen. Außerdem würden wichtige Trends – zum Beispiel bei den Immobilienpreisen – nicht adäquat berücksichtigt.

Gleichwohl ist die Inflationsrate eine entscheidende Kennzahl einer Volkswirtschaft – und die jeweils zuständige Zentralbank soll darauf achten, dass sie im Rahmen bleibt. In der EU, also auch in Deutschland, fällt diese Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB) zu, in den USA ist es das Federal Reserve System (meist kurz „die Fed“ genannt) und in Japan kümmert sich die Bank of Japan darum.

Um das Preisniveau zu kontrollieren, stehen einer Notenbank theoretisch zwei Mechanismen zur Verfügung:

Expansive Geldpolitik

In einer schlechten wirtschaftlichen Lage senkt die Notenbank die sogenannten Leitzinsen. Das ist jener Zinssatz, zu dem sich die Geschäftsbanken bei der der Notenbank Geld leihen können, das sie dann selbst wiederum in Form von Krediten an die Unternehmen und die privaten Haushalte ausleihen. Niedrige Zinsen stimulieren also in der Regel die Investitionen und den Konsum.

Diese Geldpolitik wird expansiv genannt, weil sie die Geldmenge erhöht, also mehr Geld – in Form von Krediten – in Umlauf bringt. Das Problem einer wachsenden Geldmenge ist, dass sie zu Inflation führen kann. Diese Befürchtung steht derzeit vor allem in den Euro-Ländern im Raum, denn dort hat die EZB im Zuge der Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise nicht nur die Zinsen auf ein historisch niedriges Niveau gesenkt, sondern die Geldmenge zusätzlich dadurch erhöht, dass sie für etliche Milliarden Euro Staatsanleihen aufgekauft hat – also Geld in den Markt gepumpt hat, wie Ökonomen das nennen.

Restriktive Geldpolitik

Wenn die Konjunktur gut läuft, besteht irgendwann die Gefahr, dass die Preise steigen. Um die Inflation zu bekämpfen, betreibt die Notenbank dann eine restriktive Geldpolitik: Sie erhöht die Leitzinsen und sorgt so dafür, dass sich die Geschäftsbanken weniger Geld bei ihr leihen. Kredite werden also teurer, folglich leihen sich auch die Unternehmen und die privaten Haushalte weniger Geld.

Diese Art der Geldmengensteuerung ist heutzutage aber eher ein theoretisches Konzept. In der Praxis scheitert sie schon allein daran, dass die Finanzmärkte mittlerweile so stark vernetzt sind, dass keine Notenbank mehr allein handeln kann. Und in Krisenzeiten wie heute kommt noch hinzu, dass frühere Regeln schlichtweg nicht mehr gelten. In den USA zum Beispiel sind die Leitzinsen schon seit der Finanzkrise auf einem Niveau, das kaum noch zu unterbieten ist – nämlich bei Null bis 0,25 Prozent. Für die Unternehmen und Verbraucher ist es also derzeit geradezu spottbillig, sich Geld zum Investieren oder Konsumieren zu leihen. Doch es nutzt nichts: Die US-Wirtschaft will einfach nicht anspringen.


Passend zum Material