So laufen Tarifverhandlungen

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Hintergrundtext
13.03.2018

Forderungen, Verhandlungen, Streiks, Schlichtung – Der Weg zu einem Tarifvertrag führt über die immer gleichen Stufen. Von den Tarifpartnern hängt ab, wie sehr die vorhandenen Mittel ausgenutzt werden. Wie Tarifverhandlungen ablaufen können, zeigen wir am Beispiel des Konflikts zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn.

Vier Prozent mehr Lohn, zwei freie Tage pro Woche und größere Mindestabstände zwischen den einzelnen Arbeitsschichten: Mit diesen Forderungen ging die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) im Oktober 2016 in die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn. Erst fünf Monate später einigten sich beide Seiten nach zahlreichen Streiks, zähen Verhandlungen und einer Schlichtung auf einen neuen Tarifvertrag. Die Deutsche Bahn sagte eine Lohnerhöhung ab April 2017 von 2,5 Prozent zu. Ab Januar 2018 konnten die GDL-Mitglieder außerdem aus drei Optionen wählen: 2,6 Prozent mehr Gehalt, eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche oder sechs Tage mehr Urlaub im Jahr.

Nicht immer ziehen sich Tarifverhandlungen dermaßen in die Länge und werden von Streiks begleitet wie in diesem Konflikt. Doch im Grunde verlaufen sie alle nach dem gleichen Muster: Juristisch gesehen beginnt eine Tarifrunde mit der fristgerechten Kündigung des alten Vertrags. Meistens werden die Tarifpartner aber bereits im Vorfeld aktiv und versuchen, ihre Verhandlungspositionen durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit zu verbessern. So auch vor den Verhandlungen zwischen Bahn und GDL. Bereits drei Monate bevor der Tarifvertrag auslief, verkündete die Gewerkschaft ihre Kernforderungen. Am ersten Verhandlungstag veröffentlichte sie außerdem eine Meldung mit dem Titel „Das Maß ist voll!“.

Eingespieltes Ritual bei Tarifverhandlungen

Die Deutsche Bahn lehnte die Forderungen der Gewerkschaft zur neuen Regelung der Schichtarbeit zunächst ab. Der damalige Personalvorstand Ulrich Weber beklagte, dass die GDL-Forderungen am Ende zu einer Viertagewoche bei vollem Lohnausgleich führten. So könne der Bahnbetrieb nicht funktionieren. Mit einem ersten Gegenangebot der Bahn nahm ein eingespieltes Ritual seinen Lauf.

Die Gewerkschaften lehnen das erste Angebot der Arbeitgeber immer genauso schroff ab wie zuvor ihre Forderungen zurückgewiesen wurden. Es folgt ein öffentlich ausgetragener Streit über die zu hohen Belastungen für die jeweilige Seite. Hinter den Kulissen arbeiten die Tarifpartner in den Verhandlungsrunden mit gemäßigterem Ton an einem Kompromiss. Die Gewerkschaften haben dabei stets das Druckmittel des Streiks zur Verfügung. Mit einem Arbeitsausstand können sie den Unternehmen wirtschaftlich empfindlichen Schaden zufügen.

Option Schlichtung

Ist die Situation verfahren wie im Fall der GDL und der Deutschen Bahn und bringen Streiks die beiden Parteien nicht näher an einen Kompromiss, so gibt es als letzte Option die Schlichtung. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens eine der beiden Seiten die Verhandlungen für gescheitert erklärt. In der Regel bestimmen beide Seiten einen Schlichter, meist einen Arbeitsrechtler oder einen in Tariffragen erfahrenen, aber nicht mehr aktiven Politiker. Die vorgeschlagene Person muss von der jeweiligen Gegenseite akzeptiert werden. Am Ende des Verfahrens steht ein Schlichtungsspruch, der für die Tarifpartner aber nicht bindend ist. Sollte also immer noch keine Einigkeit bestehen, würde der Arbeitskampf mit einem unbefristeten Ausstand der Arbeitnehmer beginnen.

So weit es ist zwischen GDL und der Deutschen Bahn nicht gekommen. Schlussendlich – und das ist nach allen Tarifabschlüssen gleich – stellten sich beide Parteien vor die Kameras und erklärten, dass sie mit dem erzielten Kompromiss leben könnten.


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