Globalisierungskritik

Gegenwärtig steht die Globalisierung häufig in der öffentlichen Kritik, vor allem von Seiten vieler Nichtregierungsorganisationen. Dabei werden jedoch gerechtfertigte Kritikpunkte vermischt mit nicht korrekten, überzogenen und teils rein polemisch-ideologischen Vorwürfen gegen die Globalisierung.

Extreme und gemäßigte Kritiker

Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen extremen Globalisierungsgegnern, die die internationale Arbeitsteilung durch neue Barrieren gegen internationale Transaktionen einschränken wollen, und gemäßigteren Globalisierungskritikern, die Korrekturen an einzelnen Aspekten der bestehenden Regeln für den internationalen Austausch von Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskräften anmahnen.

Kritik an den „Spielregeln“

Generell wird kritisiert, dass die Spielregeln der Globalisierung zumeist von den "Mächtigen" und vorwiegend zu deren Nutzen aufgestellt würden. Dazu zählen die Globalisierungskritiker in erster Linie die - aus ihrer Sicht politisch einflussreichen - multinationale Unternehmen. Die Regierungen der großen und einflussreichen Industrieländer und vor allem die internationalen Organisationen wie Internationaler Währungsfond, und Welthandelsorganisation sehen sie dabei als Handlanger der Wirtschaftsinteressen. Kritisiert wird eine "neoliberale" Ausrichtung der Globalisierung, die zu viel Vertrauen in Kapitalismus und Marktwirtschaft und zu wenig in staatliche Interventionen und Soziales setze.
Das Themenspektrum der Kritik ist sehr breit. Einige Bereiche werden hier beispielhaft und mit Verweis auf andere Lexikoneinträge skizziert:

„Kasinokapitalismus“?

Auf den Internationalen Finanzmärkten und auch im Devisenhandel dominieren nach Ansicht der Globalisierungskritiker die Einflüsse von Spekulanten, sodass der Begriff Kasino-Kapitalismus geprägt wurde. Tatsächlich bestehen gewisse Probleme im Weltfinanzsystem, vor allem da es immer wieder zu gravierenden Finanzkrisen in Schwellenländern und größeren Verschiebungen zwischen den Währungen der großen Industrieländer gekommen ist. Die globale Finanzkrise hat sich zwar über die gestiegene internationale rasch ausbreiten können, die Globalisierung hat jedoch wenig mit ihren eigentlichen Ursachen zu tun (mangelnde Regulierung und Aufsicht, verzerrte Anreize zum Eingehen hoher Risiken). Gefordert wird daher eine Tobin-Steuer auf Devisentransaktionen oder Wechselkurszielzonen. Diese Vorschläge sind allerdings kritisch zu sehen.

Messung von Armut und Ungleichheit

Mit Blick auf Themen wie Protektionismus, Handelsliberalisierung, Inflationsbekämpfung und Konsolidierung wird von manchen Globalisierungskritikern behauptet, die Entwicklungsländer würden die Verlierer der Globalisierung und eines neoliberalen Reformkanons (Washington Consensus) sein. Als vermeintlicher Beleg wird angeführt, dass die weltweite Ungleichheit und Armut seit etwa 1980 - seit sich die Globalisierung beschleunigt hat - angeblich zugenommen habe. Bei vernünftiger Messung von Armut und Ungleichheit stellt sich jedoch heraus, dass das Gegenteil der Fall ist.

Einfluss auf den Arbeitsmarkt

Die Globalisierung ist - glaubt man den Kritikern - Schuld an der Massenarbeitslosigkeit in Deutschland. Aufgrund der zunehmenden Niedriglohnkonkurrenz ginge uns letztlich die Arbeit aus, weil ja die Entwicklungsländer viel billiger anbieten könnten. Andere Länder aber haben es geschafft, mit den Herausforderungen der Globalisierung fertig zu werden, wie etwa viele angelsächsische Staaten, aber auch Länder, deren Wertesysteme dem unseren ähnlicher sind, wie etwa die Niederlande, Dänemark oder Schweden. In den Industrieländern insgesamt ist die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 1985 und 2007 um rund 85 Millionen gestiegen, das ist ein Anstieg von rund 25 Prozent. Auch unter Berücksichtigung der Arbeitszeitverkürzung hat das Arbeitsvolumen (also die Zahl der gearbeiteten Stunden) um mehr als 17 Prozent zugelegt. In Deutschland dagegen hat es aufgrund unseres lange Zeit zu unflexiblen Arbeitsmarktes dagegen um rund 2 Prozent abgenommen.

Sinkende Standards?

Kritik wird auch an einem im Zuge der Globalisierung verschärften Konkurrenzdruck aus dem Ausland geübt. So heißt es zuweilen, dass niedrigere Arbeits-, Sozial-, Steuer- und Umweltstandards in Entwicklungsländern dazu führen, dass der Wohlfahrtsstaat hierzulande demontiert werden müsse. Letztlich komme es in diesem internationalen Standortwettbewerb zu einer ruinösen Konkurrenz der Staaten, bei denen diese Standards immer weiter gesenkt werden müssten (race to the bottom). Doch auch diese Behauptung hält weder theoretisch noch empirisch einer genaueren Prüfung stand.
Die letzten Punkte offenbaren eine grundsätzliche Unstimmigkeit in der Argumentation der Globalisierungskritiker. Auf der einen Seite mahnen sie faire Bedingungen für Entwicklungsländer an und fordern zu Recht einen besseren Marktzugang für arbeitsintensive Güter in den Industrieländern. Auf der anderen Seite schüren sie in Deutschland und anderen Industriestaaten eine überzogene Angst vor der Konkurrenz durch die Entwicklungsländer und leisten einer protektionistisch gesinnten Stimmung Vorschub. Kritisch ist ebenso zu sehen, dass die Globalisierungskritiker sich hier zu Lande wichtigen Reformen entgegen stellen, die notwendig sind, damit die Chancen der Globalisierung (Protektionismus) genutzt werden können.