Subsidiaritätsprinzip

Das Subsidiaritätsprinzip besagt, dass eine Aufgabe möglichst von der kleinsten „zuständigen“ Einheit übernommen werden soll. Übergeordnete Einheiten sollen nur dann eingreifen, wenn die unteren Einheiten es nicht können.

Ein Prinzip mit Tradition ...

... das seine Wurzeln sowohl in der katholischen Soziallehre wie im Liberalismus hat und das, historisch begründet, eine zu starke Macht sowohl der Kirche wie auch des Staates ablehnt und bis heute eine wichtige Rolle in unserem politischen Alltag spielt. Philosophen, Gesellschaftswissenschaftler und Geistliche haben sich damit beschäftigt. So wird zum Beispiel dem Jesuitenpater Oswald von Nell-Breuning die Aussage zugeschrieben, dass „dasjenige, was der Einzelmensch (…) mit seinen eigenen Kräften leisten kann, ihm nicht entzogen und der Gesellschaftstätigkeit zugewiesen werden darf“.

Menschenbild

Hinter dem Subsidiaritätsprinzip steht, gerade im liberalen Denken, auch ein klares Menschenbild: das des eigenverantwortlichen Individuums. Daraus folgt die Idee eines auf Freiwilligkeit und Eigenverantwortung gegründeten Gemeinwesens und Sicherungssystems. In Deutschland hat das Subsidiaritätsprinzip nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in der Programmatik christlicher Parteien vor allem auf dem Gebiet der Sozial- und Bildungspolitik eine wichtige Rolle gespielt, es hat sich aber nicht vollständig als allgemeingültiges rechtliches Prinzip durchgesetzt.

Wortbedeutung

Das lateinische Wort „subsidiär“ bedeutet übersetzt „unterstützend“ oder „ersatzweise eintretend“. Es gibt sehr viele Interpretationen und Anwendungsbereiche für das Subsidiaritätsprinzip. Allen gemeinsam ist die Idee, dass eine übergeordnete gesellschaftliche Einheit also nur eintreten darf und soll, wenn die Kräfte der „unteren“ Einheiten nicht ausreichen.

Geltungsbereiche

Das Subsidiaritätsprinzip ist ein wichtiges Prinzip in der Sozialen Marktwirtschaft, im Föderalismus, in der EU und in vielen anderen Zusammenhängen. Gesellschaftliche und/oder staatliche Hilfe soll nur dann unterstützend oder ersatzweise gewährt werden, wenn die Kräfte des Einzelnen nicht ausreichen, seine Funktionen wahrzunehmen. Vorrang hat dabei die Hilfe zur Selbsthilfe. In der Finanzwissenschaft bezeichnet Subsidiarität die Regelung der Aufgabenverteilung zwischen Privaten und Staat. Demnach soll die Verantwortung für eine Aufgabe immer der jeweils kleinsten geeigneten Einheit übertragen werden. Dies können Individuen, private Haushalte oder öffentliche Körperschaften (Gemeinden, Verbände usw.) sein.

Beispiele

Erstes Beispiel: Wenn der Einzelne weder allein noch mit seiner Familie seine Ausbildung finanzieren oder seinen Lebensunterhalt sichern kann, unterstützt ihn der deutsche Sozialstaat mit Transfers wie BaföG- oder Hartz-IV-Zahlungen. Zweites Beispiel, aus der Europäischen Gemeinschaft: Bürgernähe ist gefragt, unnötiger Zentralismus ist nicht gefragt - nach dem Art. 36 aus dem EG-Vertrag darf die Europäische Gemeinschaft nur tätig werden, wenn dies die Aufgabe erforderlich macht und sie die EU-Mitgliedstaaten dazu ermächtigen – das betrifft zum Beispiel das Thema Schutz der Fischbestände in der Nordsee. Auch hier lautet das Prinzip: "Vergemeinschaftung nur soweit wie nötig" – eine der vielen aktuellen Übersetzungen des Subsidiaritätsprinzips.

(BW)