Bürgergeld und Mindestlohn im Gleichschritt

Staat und Wirtschaftspolitik

Sekundarstufe II

Hintergrundtext
28.02.2024
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Die Grundsicherung in Deutschland sorgt regelmäßig für Diskussionen – besonders dann, wenn es um eine Erhöhung der Sätze geht. Wie sich Bürgergeld, Preisniveau und Mindestlohn in Relation zueinander seit 2020 entwickelt haben, hat das IW berechnet.

Und jährlich grüßt das Murmeltier: Jedes Mal, wenn die Grundsicherung in Deutschland angehoben wird, gibt es Diskussionen um die angemessene Höhe der staatlichen Hilfen. Oft wird der fehlende Abstand des Bürgergelds zum Einkommen von Mindestlohnbeziehern bemängelt. Auch wenn dieser Vergleich nicht sinnvoll ist – denn man kann Erwerbseinkommen und Bürgergeld auch miteinander kombinieren –, ist die Höhe des Bürgergelds in Relation zur Preisentwicklung und zu den Löhnen ein wichtiger Faktor für dessen gesellschaftliche Akzeptanz.

Für eine Bewertung ist es wichtig zu wissen, wie die Höhe der Grundsicherung festgelegt wird: Jeweils zur Jahresmitte wird der Regelbedarf für das kommende Jahr fixiert. Datengrundlage dafür ist die Lohnentwicklung sowie der für den Regelbedarf relevante Preisindex. Das bedeutet: Die Anpassung der Grundsicherung hinkte bisher hinter der tatsächlichen Preisentwicklung zurück.

Weil die Inflation im Zuge des Ukraine-Kriegs aber stark gestiegen ist und Bürgergeldempfänger in der Regel solche Preissprünge schlecht kompensieren können, hat der Bund den Mechanismus im Jahr 2022 angepasst. Nun schätzt er die Preisentwicklung für das nächste Jahr und bezieht sie in die Berechnung mit ein. Die Folge: Die Höhe der Grundsicherung ist zuletzt stärker gestiegen als in früheren Jahren.

Wie sich die drei Indikatoren Grundsicherung, Preisniveau und Mindestlohn – auch unter Berücksichtigung der neuen Berechnungsmethode – in Relation zueinander entwickelt haben, hat das IW berechnet (Grafik):

Bürgergeld und Mindestlohn sind von Januar 2020 bis Januar 2024 stärker gestiegen als der für den Regelbedarf relevante Verbraucherpreisindex.

Beim Bürgergeld liegt das daran, dass die Inflation nachgelassen hat, was beim Festlegen des Regelbedarfs im vergangenen Jahr noch nicht absehbar war.

Die Folge der zu starken Anpassung: Selbst wenn die Preise in diesem Jahr um 5 Prozent stiegen – eine eher pessimistische Annahme –, würde die Erhöhung des Bürgergelds seit 2020 auch Anfang 2025 noch über der Preissteigerung in diesem Zeitraum liegen. Zugleich dürfte das Bürgergeld auf Grundlage des neuen Anpassungsmechanismus zum 1. Januar 2025 nicht steigen. Ob die Politik in einem Wahljahr aber darauf tatsächlich verzichtet, ist fraglich.

Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de