Serious Games: Wichtige Hilfsmittel im Bildungswesen

Unternehmen und Markt

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
27.09.2021
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Jedes Jahr aufs Neue vermeldet der Gamessektor neue Rekordumsätze. Für einen Großteil der Milliardeneinnahmen sind Unterhaltungsspiele verantwortlich. Doch auch Serious Games – digitale Lernspiele mit Unterhaltungselementen – und die Gamifizierung – der gezielte Einsatz von spielerischen Elementen in spielfremden Umgebungen – legen deutlich zu. Davon profitieren weit mehr Branchen als nur die Videospielindustrie.

Gäbe es keine Pandemie, in den Kölner Messehallen hätten sich Ende August wieder Hunderttausende Spielefans getroffen. Zu diesem Zeitpunkt findet jedes Jahr die Gamescom statt, die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele. 2019 stellte die Messe mit 373.000 Besuchern noch einen neuen Rekord auf, wie schon im vergangenen Jahr verhinderte das Corona-Virus allerdings auch 2021 das Zocken vor Ort.

Das hielt die Gamer aber nicht davon ab, neue Spiele auszuprobieren, über angekündigte Games zu diskutieren und sich in der Community auszutauschen – nur eben online. Und das mit großem Erfolg: Rund 13 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer aus gut 180 Ländern sahen live das gestreamte Programm der Messe – fast ein Drittel mehr als im Vorjahr. Die Gesamtzahl der Streamaufrufe liegt noch um einiges höher, da viele Fans, die nicht live einschalteten, die Inhalte nachträglich geschaut haben.

Diese Zahlen zeigen die stetig zunehmende Popularität von Computer- und Videospielen. Die Gamesbranche befindet sich seit vielen Jahren im Dauerboom, auch 2020 verbuchte sie einen neuen Rekord:

Nach Schätzungen des Finanzdienstleistungskonzerns S&P Global stieg der weltweite Umsatz der Gamesbranche 2020 im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Viertel auf rund 148 Milliarden Euro.

Zum Vergleich: Das sind gut 17 Milliarden Euro mehr als das gesamte Bruttoinlandsprodukt der Ukraine oder fast das Vierfache davon, was 2019 an allen Kinokassen der Welt bezahlt wurde. Das meiste Geld nimmt die Branche in China und den USA ein, innerhalb Europas ist Deutschland der wichtigste Markt (Grafik):

Der Branchenumsatz in der Bundesrepublik mit Spielen und Online-Diensten betrug 2020 rund 5,1 Milliarden Euro.

Hinzu kamen knapp 3,3 Milliarden Euro durch den Verkauf von Hardware wie Konsolen oder Gaming-PCs, die den Gesamtumsatz in Deutschland im vergangenen Jahr auf gut 8,4 Milliarden Euro steigen ließen – fast ein Drittel mehr als 2019. In der ersten Hälfte dieses Jahres setzte die Branche bereits rund 4,6 Milliarden Euro um, sodass 2021 erstmals die Marke von 9 Milliarden Euro erreicht werden könnte.

Nicht nur Unterhaltung

Ein Großteil der internationalen Milliardeneinnahmen wird mit Unterhaltungsspielen erzielt. Doch nicht alle Segmente innerhalb des Spielemarktes richten sich an Hobbygamer: Insbesondere Serious Games sind weiter verbreitet, als oft angenommen wird. Sie verknüpfen Lerninhalte mit Spielkomponenten und werden zu Fortbildungszwecken von Unternehmen, aber auch an Schulen und Universitäten zur spielerischen Vermittlung von Wissen und Kompetenzen eingesetzt – beispielsweise bei Medizinstudenten, die anhand von 3-D-Simulationen das richtige Verhalten in der Notaufnahme üben.

Eng verzahnt mit Serious Games ist die sogenannte Gamifizierung – der gezielte Einsatz von spielerischen Elementen in spielfremden Umgebungen wie im Berufsleben. Beide Segmente identifiziert das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in seiner aktuellen Strategie für den Gamesstandort Deutschland als wirksame Hilfsmittel im Bildungsbereich.

Doch nicht nur das Bildungswesen profitiert von der Innovationskraft des Spielemarktes: Immer mehr Games bauen auf technischen Neuerungen wie Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und künstlicher Intelligenz auf und experimentieren damit. Erfolgreiche Innovationen finden im Anschluss oftmals ihren Weg in verschiedenste Anwendungsbereiche – Beispiele sind 3-D-Raumplaner in der Bau- und Architekturbranche oder Visualisierungen im medizinischen Bereich, deren Vorläufer in Videospielen zu finden waren.

Marktsituation in Deutschland

Einer Schätzung des Verbands der deutschen Gamesbranche zufolge war das Volumen des deutschen Marktes für Serious Games im Jahr 2020 mit etwa 225 Millionen Euro dennoch vergleichsweise klein. Firmen, die sich auf Serious Games oder Gamifizierung spezialisiert haben, machen rund 6 Prozent der Games-Unternehmenslandschaft hierzulande aus. Im internationalen Vergleich aller Länder liegt Deutschland damit im Mittelfeld – betrachtet man hingegen nur die zehn umsatzstärksten Gamesmärkte, ist die Bundesrepublik weit vorne.

Aufgrund des großen Potenzials der Gamesbranche im Allgemeinen und der Segmente im Besonderen muss die Attraktivität des Standorts Deutschland für Serious-Games- und Gamifizierungs-Unternehmen gesteigert werden. Die Aufnahme dieser Teilbereiche in die Strategie des BMVI für den Gamesstandort Deutschland war ein wichtiger erster Schritt – nun gilt es, diese Strategie konsequent und zügig umzusetzen.

Dieser Text erschien zuerst auf iwd.de.