Vegetarische, vegane und Bioprodukte im Trend

Unternehmen und Markt

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
24.06.2021
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Die Pandemie hat vielfach auch die Art und Weise verändert, wie die Deutschen sich ernähren. Wer es sich leisten kann, gibt oftmals mehr Geld für hochwertige Lebensmittel aus, die gerne bio, vegetarisch oder vegan sein dürfen. Besonders stark nachgefragt wird Pflanzenmilch, die längst nicht mehr nur Soja als Hauptbestandteil aufweist.

Während des ersten Lockdowns ergriff die Deutschen der Backwahn, der ganz unbeabsichtigt einen lebenslänglichen Bananenbrotüberdruss erzeugte; im Herbst rollte der Kürbis durch die heimischen Küchen und nun, im zweiten Corona-Jahr, dürfte so mancher bereits Grillrost und Curryketchup griffbereit haben. Aber was darf man in diesen Zeiten überhaupt noch grillen?

ehr gut möglich, dass Seitan-Steaks und Bohnen-Burger zum aktuellen Frühjahrs-Foodseller werden. Denn die Deutschen essen immer weniger Fleisch. Im Jahr 2020 verzehrten die Bundesbürger durchschnittlich 57,3 Kilogramm Fleischerzeugnisse – das waren zwar gerade einmal 750 Gramm beziehungsweise 1,6 Prozent weniger als im Vorjahr, bedeutete aber dennoch den niedrigsten Wert der vergangenen 30 Jahre.

Umsatz mit Biolebensmitteln wächst überproportional

Stattdessen verspeisen die Verbraucher deutlich mehr vegetarische, vegane, biologisch erzeugte und regionale Lebensmittel. Beispiel Bio: Die Nachfrage nach ökologisch produzierten Lebensmitteln wächst in Deutschland zwar seit Jahren kontinuierlich, doch durch die Corona-Pandemie hat die Branche einen zusätzlichen Schub bekommen. Laut Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft legte der Bio-Umsatz ungefähr doppelt so stark zu wie der gesamte deutsche Lebensmittelmarkt (Grafik):

Im Jahr 2020 stiegen die Umsätze für Biolebensmittel in Deutschland um rund 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr, sodass insgesamt der Rekordumsatz von 15 Milliarden Euro erreicht wurde.

Bio-Rindfleisch und -Geflügel kauften die Deutschen im Jahr 2020 sogar anderthalbmal häufiger als 2019.

Mit einem Marktanteil von 6,4 Prozent sind Biowaren generell allerdings immer noch eine Nische im Lebensmittelmarkt, wenngleich Eier mit einem Marktanteil von 15 Prozent oder Mehl und Milch mit 14 beziehungsweise 11 Prozent bereits deutlich häufiger bio sind.

Schon mehr als 1 Milliarde Euro wurde 2019 mit vegetarischen und veganen Lebensmitteln umgesetzt. Dabei ist die Gruppe der Veganer in Deutschland mit 1,1 Millionen Menschen noch vergleichsweise klein. Den Boom verdankt die Branche in erster Linie den Flexitariern, also denen, die sowohl Fleisch als auch vegetarische und vegane Kost zu sich nehmen. Besonders groß ist der Hype um Pflanzenmilch, die längst nicht nur aus Soja hergestellt wird, sondern auch aus Hafer, Mandeln, Cashewnüssen oder Erbsen:

Jeder zehnte verkaufte Liter Milch in Deutschland ist keine Kuhmilch, sondern pflanzlich.

Gleichzeitig sinkt deshalb der Milchverbrauch: von 54 Litern je Kopf im Jahr 2000 auf 50 Liter im Jahr 2019. Große Unternehmen wie der französische Lebensmittelkonzern Danone haben auf diese Entwicklung längst reagiert. Durch den Kauf von Unternehmen wie Alpro und Provamel ist Danone zum weltweit größten Hersteller veganer Produkte geworden. Und der schwedische Hafermilchkonzern Oatly, dessen Produkte seit März in allen US-Starbucks-Filialen als Kuhmilchalternative offeriert werden, hat jüngst seinen New Yorker Börsengang eingeleitet, der bis zu 10 Milliarden Dollar einspielen soll.

Nicht ganz so rasant entwickeln sich die Fleischalternativen. Zwar wächst auch der Markt für pflanzenbasierten Fleischersatz (Grafik):

In Deutschland wurden im ersten Quartal 2020 rund ein Drittel mehr vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte produziert als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Mit inzwischen annähernd 300 Millionen Euro Marktwert sind Fleischersatzprodukte in Deutschland zunehmend beliebt, aber nach wie vor ein Nischenmarkt im Vergleich zu konventionellen Fleischprodukten, die einen jährlichen Umsatz von rund 40 Milliarden Euro erzielen. Hinzu kommt, dass der Markt für Fleischersatzprodukte Konkurrenz hat: Für viele Verbraucher, die keine toten Tiere essen möchten, sind künstlich hergestellte Fleischerzeugnisse, die aus tierischen Stammzellen gezüchtet werden, durchaus eine moralisch akzeptable Alternative.

Kunstfleisch und Fleischalternativen werden konventionelles Fleisch ablösen

Beide Segmente – also gezüchtetes Fleisch und Fleischersatzprodukte – machen zwar auch erst einen kleinen Anteil des weltweiten Fleischmarktes aus, der sich auf rund 1 Billion Dollar beläuft. Doch das dürfte sich ändern. Die Unternehmensberatung AT Kearney beispielsweise geht davon aus, dass in 20 Jahren lediglich noch 40 Prozent des weltweiten Fleischkonsums aus konventionellen Fleischquellen stammen werden.

Auch in Europa wird der Markt für Fleisch- und Milchalternativen weiter wachsen. Zwischen 2010 und 2020 erhöhte sich der Umsatz beider Segmente in den EU-Mitgliedsstaaten und dem Vereinigten Königreich um 10 Prozent. Mit Fleischalternativen wurden in den 28 Ländern im Jahr 2019 rund 1,4 Milliarden Euro umgesetzt, mit pflanzlicher Milch 3 Milliarden Euro. Laut einer Studie der niederländischen ING-Bank werden im Jahr 2025 Fleischalternativen einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro in Großbritannien und der EU erzielen, pflanzliche Milch dürfte sogar auf 5 Milliarden Euro Umsatz kommen.

Dieser Text erschien zuerst auf iwd.de.