Renaissance der Mitarbeiterwohnungen

Unternehmen und Markt

Sekundarstufe I + II

Hintergrundtext
25.03.2024
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Angesichts von Fachkräftemangel und Wohnungsnot werden Unternehmen kreativer bei der Suche nach Personal. Um sich von anderen Firmen abzuheben, locken einige mit einer Wohnung oder helfen Bewerbern bei der Suche nach den eigenen vier Wänden.

Was am Anfang des 20. Jahrhunderts in Zeiten der Industrialisierung gang und gäbe war, wirkt heute auf den ersten Blick wie aus der Zeit gefallen: Werkswohnungen. Vor 100 Jahren wurden ganze Siedlungen gebaut, um im Bergbau Mitarbeiter zum Umzug nahe an die Zeche zu bewegen oder vom Land ins direkte Umfeld einer Fabrik.

Doch heute besinnen sich mehr und mehr Firmen auf diese Möglichkeit, um für Arbeitnehmer noch attraktiver zu werden. Denn Wohnen entwickelt sich zunehmend zum Standortfaktor – inmitten des Arbeits- und Fachkräftemangels.

Die Wege, auf denen Firmen ihre (potenziellen) Mitarbeiter hierzulande rund ums Wohnen unterstützen, gehen vielerorts über den klassischen Ansatz der Werkswohnung hinaus. Wie genau die Lage ist, hat das Institut der deutschen Wirtschaft nun in einem Gutachten für das Bundesbauministerium ermittelt (Grafik):

In Deutschland vermieteten im Jahr 2023 gut 5 Prozent der Unternehmen eine Unterkunft an ihre Mitarbeiter – das entspricht rund 675.000 Wohnungen sowie 46.000 Wohnheimplätzen für junge Mitarbeiter.

Das Engagement der Firmen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Zur Einordnung: Im Jahr 2022 gab es in Deutschland 43,4 Millionen Wohnungen, davon waren etwas weniger als die Hälfte Mietwohnungen.

Momentan bauen allerdings relativ wenige Unternehmen selbst weitere Mitarbeiterwohnungen. Denn für die Firmen gestaltet sich die derzeitige Situation mit hohen Zinsen, gestiegenen Baukosten sowie ungewisser Förderung genauso schwierig wie für private Häuslebauer (Grafik):

Nur 17 Prozent der Unternehmen, die ihre Mitarbeiter beim Thema Wohnen in irgendeiner Form unterstützen, betreiben selbst Wohnungsbau.

Das hat auch praktische Gründe: In der Theorie könnten Firmen neue Wohnungen auf ihren Betriebsgeländen errichten und diese dann an Mitarbeiter vermieten. Doch Wohnungsbau in reinen Gewerbegebieten ist nicht erlaubt. Die Kommunen könnten aber schnell und unbürokratisch grünes Licht für eine Mischnutzung geben.

Die Aussicht auf eine vom Arbeitgeber angebotene Wohnung könnte die Attraktivität vieler Jobs jedenfalls erhöhen.

Dies gilt zum einen für Branchen, in denen Mitarbeiter aus praktischen Gründen nicht aus dem Homeoffice arbeiten können, etwa im Gesundheitssektor in einer teuren Metropole. Zum anderen ist das in Regionen relevant, die vom Tourismus geprägt sind. Denn oft gibt es dort kaum Wohnungen und die wenigen sind nahezu unerschwinglich für Mitarbeiter von Hotels oder Restaurants. Auch für Auszubildende oder Alleinerziehende ist das Thema interessant. Sie verfügen meist über ein knappes Budget, auch fürs Wohnen.

Mit Mitarbeiterwohnungen gegen den Fachkräftemangel

Doch auch Firmen, die nicht gleich selbst bauen oder vermieten, greifen ihren Beschäftigten in Wohnungsfragen unter die Arme, wie das IW ermittelt hat:

Über Tauschbörsen oder Makler helfen 11,6 Prozent der Firmen Mitarbeitern bei der Suche nach Wohnraum.

In Zukunft könnte das Thema Mitarbeiterwohnen merklich an Relevanz gewinnen. Denn die Fachkräftelücke in Deutschland lag schon Ende 2023 bei gut 500.000 Menschen und wird sich durch den demografischen Wandel massiv vergrößern. Der Bedarf an Arbeits- und Fachkräften aus dem Ausland wird entsprechend weiter wachsen. Doch diese bekommen nur dann ein Visum, wenn sie eine Wohnung nachweisen können – kann der Arbeitgeber diese beim Jobangebot direkt mitliefern, dürfte ein wichtiges Hemmnis für Fachkräfte aus dem Ausland wegfallen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf iwd.de