Hartz-IV-Fortentwicklungsgesetz

Am 1. August 2006 ist das SGB II-Fortentwicklungsgesetz, meist "Hartz-IV-Fortentwicklungsgesetz" genannt, in Kraft getreten. Hintergrund waren die seit Inkrafttreten von Hartz IV am 1.1.2005 gesammelten Erfahrungen und die Verbesserungsvorschläge des vom Bundeswirtschaftsminister eingesetzten dreiköpfigen Ombudsrates für Problemfälle bei Hartz IV. Im Wesentlichen ging es darum, Leistungsmissbrauch besser zu bekämpfen, das Leistungsrecht zu optimieren und die Verwaltungspraxis effizienter zu gestalten.

Neuregelungen:

Vermeidung von Hilfebedürftigkeit: Bereits bei der ersten Antragstellung soll die Arbeitsfähigkeit der Antragsteller überprüft und ihnen ein sofortiges Vermittlungsangebot gemacht werden, damit Hilfebedürftigkeit nach Möglichkeitgar nicht erst eintritt.

Verschärfte Sanktionen: Empfängern von Arbeitslosengeld, die innerhalb eines Jahres dreimal eine Stelle oder Weiterbildungs- bzw. Umschulungsmaßnahme ablehnen, können alle Zahlungen gestrichen werden. Statt Geld werden dann nur noch Sach- oder so genannte geldwerte Leistungen, wie z.B. Lebensmittelgutscheine, ausgegeben.
Bessere Berücksichtigung der Altersvorsorge: Bei der Berechnung des Arbeitslosengeld II (ALG II) bleibt mehr Vermögen, das der Altersvorsorge dient, unberücksichtigt. Der Freibetrag für Privatvorsorge beträgt jetzt 250 Euro pro Lebensjahr, höchstens 16.250 Euro, zuvor waren es 200 Euro, maximal 13.000 Euro. Im Gegenzug ist die Höchstgrenze für sonstiges Vermögen von 200 auf 150 Euro pro Lebensjahr abgesenkt worden.

Leistungen für Unterkunft und Heizung bleiben auf die vorherige Höhe begrenzt, wenn Hilfeempfänger in eine teuere Wohnung umziehen, ohne dass dies erforderlich ist. Unter 25-Jährige erhalten keine Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn sie mit der Absicht von Zuhause ausziehen, den ALG II-Leistungsbezug herbeizuführen.

Angleichung der Regelsätze in Ost und West: In den neuen Bundesländern wird der Regelsatz des ALG II auf Westniveau (345 Euro) angehoben. Der Rentenversicherungsbeitrag, der für ALG II Empfänger gezahlt wird, wird von 78 auf 40 Euro gesenkt.

Umkehr der Beweislast bei eheähnlichen Gemeinschaften: Bei Lebensgemeinschaften in einer Wohnung gilt grundsätzlich die Vermutung, dass es sich um eine eheähnliche Lebensgemeinschaft handelt. Ist dies nicht der Fall, muss der Antragsteller das Gegenteil beweisen. Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind eheähnlichen Partnerschaften bei der Einkommens- und Vermögensanrechnung gleichgestellt.

Bessere Erreichbarkeit: Bezieher von ALG II müssen grundsätzlich an allen Werktagen unter der von ihnen angegebenen Adresse erreichbar sein. Urlaub ist höchstens für drei Wochen im Jahr mit Einwilligung der Arbeitsagentur erlaubt.

Gleichstellung von Arbeitsgelegenheiten mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen: Damit haben "Ein-Euro-Jobber" Anspruch auf alle Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik im SGB III, auf die Beschäftigte in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABMs) Anspruch haben. Dazu gehören Vermittlungs- und Bildungsgutscheine.

Eltern, die Anspruch auf ALG II haben, können wählen, ob sie den Kinderzuschlag beantragen und damit aus dem ALG II-Bezug ausscheiden, oder im ALG II-Bezug bleiben, solange sie den befristeten Zuschlag erhalten, der beim Übergang vom ALG I ins ALG II für zwei Jahre gezahlt wird. Die Eltern müssen selbst prüfen, welche Option für sie günstiger ist.

Datenabgleich: Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann Daten bei Behörden, wie z.B. Finanzämtern oder dem Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg erfragen, um die Vermögensverhältnisse oder die Verfügbarkeit des Antragstellers für den Arbeitsmarkt festzustellen.

Missbrauchsbekämpfung: Mit der Einrichtung von Außendiensten bei den Jobcentern sollen Missbrauchsfälle bei Langzeitarbeitslosen schneller und umfassender aufgedeckt werden. (wp)