Protektionismus

Unter Protektionismus versteht man staatliche Eingriffe in grenzüberschreitende Transaktionen und vor allem den Freihandel (Außenhandel) mit dem Ziel, heimische Produzenten vor der Konkurrenz durch ausländische Erzeuger zu schützen. Die Protektion kann struktur- und/oder beschäftigungspolitisch motiviert sein, wenn Branchen wie die Landwirtschaft oder der Bergbau geschützt werden, die nicht (mehr) international konkurrenzfähig sind. In Entwicklungsländern wird zuweilen das Erziehungszollargument angeführt, wenn es darum geht, junge Branchen heranwachsen zu lassen und sie bis zur Erlangung der Wettbewerbsfähigkeit abzuschotten. Protektionistische Maßnahmen können in der Theorie unter bestimmten Bedingungen auch dazu beitragen, auf Kosten anderer Länder Zukunftsbranchen zu fördern und für die eigene Wirtschaft Pioniervorteile zu sichern.

Als Instrumente werden neben Zöllen auch mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen und -verbote sowie Regulierungen, Subventionen und Steuern eingesetzt, die ausländische gegenüber inländischen Produzenten benachteiligen.

Der Schutz einzelner Sektoren wird allerdings in der Regel dadurch erkauft, dass die Verbraucher höhere Preise zahlen müssen, weil billigere ausländische Güter diskriminiert werden. Zudem werden die Effizienz steigernden Wirkungen der internationalen Arbeitsteilung nicht genutzt (Außenhandel). Bei strukturkonservierender Protektion werden Produktions­faktoren in überkommenen Verwendungen gebunden, obwohl sie an anderer Stelle einen höheren Wohlstandsbeitrag leisten könnten. Hinzu kommt, dass geschützte Branchen in der Regel geringere Anreize haben, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation und bessere Arbeitsorganisation zu verbessern. Schließlich droht bei einseitigen protektionistischen Maßnahmen eine Vergeltung und im Extremfall eine schädliche Protektionsspirale.

Die Exportquote, also das Verhältnis der Exporte zur Wirtschafts­leistung, war bereits im 19. Jahrhundert stark angewachsen, als viele Staaten ihre Handels­politik mit Zollsenkungen liberalisiert hatten. Die Phase zwischen den Weltkriegen war dann zunehmend von protektionistischen Tendenzen gekennzeichnet, was sich im Rückgang der Exportquote niederschlug. Doch zeigte sich, dass eine Abschottung der heimischen Wirtschaft in Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise das Problem noch verschärfte. Diese Erfahrung hat nach 1945 zu einer Weltwirtschaftspolitik geführt, die dem Prinzip des freien Handels und Kapitalverkehrs einen hohen Stellenwert eingeräumt und seine Funktion bei der Steigerung von Wachstum und Wohlstand betont hat (Außenhandel, Welthandels­organisa­tion, Internationaler Währungsfonds).

Gegenwärtig steht die Globalisierung in der öffentlichen Kritik (Tobin-Steuer, weltweite Ungleichheit, Internationaler Währungsfonds, Welthandelsorganisation) vor allem von Seiten vieler Nichtregierungsorganisationen. Angeblich schade die Globalisierung vor allem den Entwicklungsländern. Die empirischen Fakten und eine Vielzahl von wissenschaftlichen Studien sprechen jedoch eine andere Sprache. Demnach sind diejenigen Entwicklungsländer in den neunziger Jahren besonders stark gewachsen, die sich seit Ende der siebziger Jahre stärker in die internationale Arbeitsteilung eingeklinkt haben. Diese "Globalisierer" haben sogar ein deutlich stärkeres Wachstum erreicht als die Industrieländer. Damit konnten sie den Wohlstandsrückstand verkürzen und so dazu beitragen, dass die weltweite Armut und Ungleichheit in den vergangenen Dekaden abgenommen hat. Am schwächsten war das Wirtschaftswachstum dagegen in Staaten, denen die Teilnahme an der Globalisierung nicht gelungen ist, etwa weil sie noch hohe Handelsbarrieren haben oder marode Wirtschaftsstrukturen von der Infrastruktur über die Bildung bis hin zur Rechtsstaatlichkeit. Globalisierung ist folglich nicht hinderlich oder schädlich, sondern Teil der Lösung des Entwicklungsproblems. Sie kann in einem umfassenden Reformpaket, das vor allem die maroden Wirtschaftsstrukturen verbessert, einen wichtigen Beitrag leisten. (Ma)