Solidaritätsprinzip

Das Solidaritätsprinzip als grundlegendstes Prinzip der Sozialpolitik bedeutet, dass ein Bürger nicht allein für sich selbst verantwortlich ist, sondern auch für die anderen Mitglieder der Gesellschaft. Nur in einer von Solidarität gekennzeichneten Gesellschaft stellt sich auch die Frage nach sozialer Gerechtigkeit.

Solidarität ist zunächst nur ein abstraktes Prinzip und erfährt seine Konkretisierung über solidarisch gestaltete Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens. So ist etwa Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) kein selbsterklärender Begriff. Vielmehr ergibt sich das besondere Verständnis von Solidarität im Kontext der GKV aus der Tatsache, dass von Risikoprüfungen oder altersabhängigen Beiträgen abstrahiert wird. Mithin sind die mit niedrigem Erkrankungsrisiko gesegneten Mitglieder bei gleichem Beitrag solidarisch mit den Versicherten mit höherem Erkrankungsrisiko, ebenso die jungen Mitglieder mit den Älteren. Darüber hinaus führt die lohnproportionale Beitragsfinanzierung zur einer Einkommensumverteilung, die ebenfalls im Sinne von Solidarität zu verstehen ist.

Das Solidaritätsprinzip als eine Säule der Sozialpolitik unterliegt also nicht nur der Gestaltbarkeit. In einem funktionierenden Sozialstaat ist es auch nach herrschender Meinung in der Wissenschaft anhand dreier weiterer Säulen des Sozialstaates zu relativieren: dem Subsidiaritätsprinzip, der Eigenverantwortung und dem Versicherungsprinzip. Erst im sorgfältigen Austarieren aller vier Elemente ergibt sich eine zustimmungsfähige Interpretation des Solidaritätsprinzips, nach dem der Einzelne auch auf das Wohl anderer Gesellschaftsmitglieder verpflichtet ist. (Pi)