Vertrag von Lissabon

Am 1. Dezember 2009 ist der Vertrag von Lissabon in Kraft getreten, mit dem das EU-Regelwerk grundlegend reformiert wurde. Der neue Vertrag besteht im wesentlichen aus zwei Teilen: dem Vertrag über die Europäische Union (EU) und dem Vertrag über die Arbeitsweise der EU.

Mit dem EU-Vertrag erhielt die EU eine eigene Rechtspersönlichkeit und tritt an die Stelle der Europäischen Gemeinschaft.

Der Vertrag über die Arbeitsweise der EU hat die (reformierten) Bestimmungen des bisherigen EG-Vertrags übernommen und enthält Regelungen zu Verfahren und Politiken der EU.

Vorgeschichte

Damit ging eine Entwicklung zu Ende, die im Dezember 2001 begonnen hatte. Damals beriefen die Staats- und Regierungschefs der EU den Konvent zur Zukunft Europas ein. Er erarbeitete einen Vertrag über eine Verfassung für Europa, die im Oktober 2004 in Rom feierlich unterzeichnet wurde. Diese so genannte EU-Verfassung konnte jedoch nicht in Kraft treten, weil sie von den Franzosen und Niederländern in Volksabstimmungen abgelehnt wurde. 2007 einigte man sich dann auf eine „abgespeckte“ Version, die zwar wesentliche Teile des Verfassungsvertrags übernommen hat, in der aber unter anderem staatsähnliche Symbole wie Hymne, Flagge und Leitspruch nicht mehr enthalten sind. Nach der Ratifizierung durch alle der damaligen 27 Mitgliedstaaten hat zuletzt die tschechische Republik die Ratifikationsurkunde in Rom hinterlegt.

Zu den wesentlichen Neuerung des Lissabonner Vertrags zählen:

  • Die EU hat nun einen Präsidenten des Europäischen Rates, der der Arbeit des Rates mehr Kontinuität geben und die Vertretung der EU in der Welt verbessern soll. Bisher hatte der Vorsitz im Europäischen Rat alle sechs Monate gewechselt. Es bleibt jedoch bei der Sechs-Monats-Rotation im Ministerrat, wo die Gesetze der EU (mit-)beschlossen werden. Erster Präsident des Europäischen Rates ist der flämische Christdemokrat Herman Van Rompuy (Belgien).
  • Neu geschaffen wurde außerdem das Amt des Hohen Vertreters der Union für die Außen- und Sicherheitspolitik. Der Amtsinhaber gehört nicht nur dem Rat der EU an, sondern ist gleichzeitig auch Vizepräsident der Europäischen Kommission (Doppelhut) und wird von einem europäischen diplomatischen Dienst unterstützt. 
  • Das Mitentscheidungsverfahren, bei dem der Ministerrat und das Parlament weitgehend gleichberechtigt über Gesetzgebungsakte entscheiden, wird ausgeweitet und zur Regel bei der Gesetzgebung.
  • Das Europäische Parlament wird auch dadurch gestärkt, dass es künftig den Kommissionspräsidenten wählt. Auch die Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente bei der EU-Integration werden verstärkt.
  • Viele Entscheidungen, für die bisher Einstimmigkeit im Rat erforderlich war, werden jetzt mit qualifizierter Mehrheit getroffen werden können.
  • Die qualifizierte Mehrheit im Ministerrat wird neu definiert. Ab 2014 gilt grundsätzlich, dass ein Rechtsakt im Rat der doppelten Mehrheit bedarf, d.h. es müssen 55 Prozent der Staaten zustimmen, die gleichzeitig 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren.
  • Die Möglichkeit für eine Gruppe von EU-Mitgliedstaaten, enger zusammenzuarbeiten, ohne dass alle anderen Mitgliedstaaten sich an dieser vertieften Integration beteiligen müssen, wird vereinfacht.
  • Erstmals gibt es ein vertraglich vereinbartes Recht auf Austritt aus der EU.